WIRTSCHAFTSSPIEGEL – Ausgabe 1/2023

Fertigungstechnik und Künstliche Intelligenz 18 Grafik: TU Ilmenau Punktuelle Anlässe besinnen uns darauf, wiederkehrend die Strukturen unserer Gesellschaft zu überprüfen, die Leistungsfähigkeit dieser erneut zu bewerten und entsprechende Prognosen zu erstellen. Die COVID-19Pandemie hatte im ersten Schritt nichts mit der Fertigungstechnik zu tun, ihre Auswirkungen auf die Mobilität der Menschen und der Güter schlug jedoch mit großer Wucht ein. Bereits etablierte und ausgereifte Lieferketten fielen aus, die lokale Produktion und die Fertigung mussten rasch umrüsten und kompensieren. Der im Anschluss begonnene Konflikt fror einen weiteren Teil von Produktionsstätten sowie die Lieferung von Rohstoffen ein. Umso mehr nehmen die in 2015 von der UN verabschiedeten Nachhaltigkeitsziele (wie beispielsweise „nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen“) eine besondere Bedeutung ein, die auch und insbesondere für die Fertigungstechnik eine klare Ausprägung zu einer ressourcenschonenden Produktion und zur Entwicklung innovativer, nachhaltiger Technologien und Werkstoffe bedeuten. Die Fertigungstechnik beschreibt als Fachdisziplin die unterschiedlichen Schritte: vom Ausgangsstoff und -zustand bis hin zum Herstellen eines Produktes mit einer geometrischen Form und gewünschten Funktionalitäten, wie beispielsweise Festigkeit, Duktilität (Eigenschaft eines Werkstoffs, sich plastisch zu verformen, bevor er bricht – d. Red.) aber auch elektrische Leitfähigkeit oder magnetischen Eigenschaften. Somit führt die Fertigungstechnik durch eine Folge von Fertigungsverfahren zum gewünschten Produkt mit zu den erwartenden Eigenschaften hin. Der Weg dahin ist derzeit von der Erfahrung der Menschen, die das Produkt auslegen und die Fertigungsschritte auswählen, sowie von der Leistungsfähigkeit der eingesetzten Maschinen, die die Bearbeitung übernehmen, abhängig. Die Maschinen selbst werden von Menschen eingestellt und agieren in diesem Fall auch in Anlehnung an die Erfahrung der Bediener. Im Rahmen der Offensive Industrie 4.0 ist es gelungen, die Gewichtung und die Bedeutung der Datenakquise und Datenverarbeitung für die Fertigungsprozesse hervorzuheben und hier auch viele Aktivitäten anzustoßen. Eine wesentliche Erkenntnis ist in meinen Augen die Konnektivität und die Besinnung auf die Darstellung einzelner Schritte als Knoten in einem Netzwerk vom Rohstoff zum Endbauteil hin. Das heißt, dass auch die Fertigung eines Bauteils ein Netzwerk darstellt und dass die Ereignisse in einem Schritt eine Folge auf die nachfolgenden Schritte haben. Die klassische Serienfertigung stellt die einzelnen Schritte so ein, dass nur geGastbeitrag: Professor Dr.-Ing. Jean Pierre Bergmann, Fachgebietsleiter Fachgebiet Fertigungstechnik, TU Ilmenau Aktuelle Trends in der Fertigungstechnik Zusammenarbeit von Mensch und Maschine auf neuer Ebene – eine punktuelle Sicht auf den Stand und die Perspektiven Ausgangszustand Übergabe nur bei Einhaltung aller definierten Kriterien mit einem schmalen Abweichungsband Schritt 1 Schritt 2 Endprodukt Ausgangszustand Abweichungen in Schritt 1 können durch Schritt 2 kompensiert werden. Regeln hierfür müssen aufgestellt beziehungsweise generiert werden. Schritt 1 Schritt 2 Endprodukt Abbildung 1: Serienfertigung Abbildung 2: Neue potenzielle Wege

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